zum Ruhme reifer Geister – Buch gebraucht kaufen

3874960099

(ISBN-13: 9783874960090)

leichte Gebrauchsspuren

116

169 g

Taschenbuch

Deutsch

Ecken und Kanten leicht bestoßen. Kaum abgedunkelt. Altersgemäßer guter Zustand

Inhalt:

I
Die Ahnen der heutigen Menschheit kannten den Alkohol, verehrten ihn als Kultgetränk und schätzten ihn als Freudenbringer. Dichter wie Anakreon, Hafis und Li Tai Po besangen die Trinkerlust in unsterblichen Versen. Unbekannte Poeten aus den Nilstromländern und Archäologen auf der Suche nach dem Turm von Babel haben die tröstende Wirkung der Weindestillate gepriesen.

II
Auch die Araber verstanden sich auf das Destillieren und bereicherten unseren Wortschatz um den Ausdruck »al khul« — Alkohol — ursprünglich die Bezeichnung für eine Lidschminke aus pulverisiertem Antimon. Die Behauptung, im maurischen Cordoba hätten arabische Arzte im 11. Jahrhundert einen wohlschmeckenden »Hochprozentigen« erzeugt und das Alkoholverbot des Propheten umgangen, wird kritische untersucht.

III
Die mittelalterlichen Alchimisten brachten es im Destillieren zur Meisterschaft. In ihren krausen Schriften findet man viele Rezepte für die Herstellung von »brennbarem Weinwasser«. Der Wunderarzt Paracelsus bürgerte die von den Arabern geprägte Bezeichnung »Alkohol« ein. Hinter schwäbischen Klostermauern laborierte Dr. Faustus mit duftenden Destillaten, um den Stein der Weisen und künstliches Gold zu finden.

IV
Von Saufkumpanen, Zechbrüdern und Tonnentrinkern in alter Zeit werden Schwänke erzählt, wie sie Rabelais und Fischart berichten. Landfahrende Dichter, Vaganten und Scholaren kosteten gerne, was man in Klosterküchen braute und destillierte. Die Balladen eines Archipoeta und Francois Villon kennt man heute noch.

V
Auch die Ärzte und Apotheker, die Gastwirte nicht zu vergessen, destillierten Heil- und Haustränke aus »gebranntem Wein«. Davon erzählen alte Kräuterbücher und Lieder der Nürnberger Meistersinger. Der Schnapspoet Koromandel stimmte in über hundert Strophen das Loblied auf die Liköre im »Lachs« zu Danzig an und feierte den »Crambambuli« in seinem berühmten Kneiplied. Aus einem handgeschriebenen Apotheken-»Manual« werden alte Rezepte abgebildet.

VI
Durch die Jahrhunderte strömen würzige Tränke und heitere Poesie. Große Dichter und kleine Poeten sangen das Lob des Trinkens, wie Goethe in seinem »Ergo bibamus«. Die schönsten Trinklieder, die durch die Welt klingen, und ihre Verfasser werden in die Erinnerung gerufen.

VII
Strenge Gesetze bedrängten den Geist und den Verzehr geistiger Getränke. Betrügerische Weinpantscher wurden gestäupt, gefoltert und gehängt oder zum faßweisen Verzehr ihrer eigenen »Kellergewächse« gezwungen. Bis heute fällt auf den »gebrannten Wein« das Auge der Obrigkeit, besonders der Steuerbehörden.

VIII
Kleine Lokale mit freundlichen Wirten, die ihre Schnäpse selbst destillierten, waren im alten Berlin ein Mekka der Genußfrohen und Erholungsuchenden. Der junge Lessing, der Student Raabe in der »Sperlingsgasse« und der »Gespensterhoffmann« und sein Freundeskreis in »Lutters Keller« holten sich beim Glase ihre Inspiration.

IX
Nach unserem Streifzug durch die Geschichte des Alkohols blicken wir in die Gegenwart.
Der schwere Duft von Destillaten durchzieht die Fertigungsstätten moderner Spirituosenfabriken und kündet davon, daß die Retortenkünste der Araber, Alchimisten und Apotheker Eingang gefunden haben in die Technologie der heutigen Alkoholgewinnung.

1975

BN1110